Dienstag, 17. Juni 2014

Komm doch endlich auf die Welt!

Dieser wunderbare Artikel in der FAZ online beschäftigt sich mit einem gesellschaftlichen Problem, welches in der täglichen Praxis nur zu oft anzutreffen ist. Der moderne Mensch scheint sich nicht mit der Tatsache abfinden zu können, dass Ereignisse, in diesem Fall Entbindungen,  nicht exakt planbar sind. Das ist auch einer der Gründe, weshalb die Kaiserschnitt Rate in den "entwickelten" Länden immer weiter steigt. Man will genau planen können, der Entbindungstermin wird lange im voraus festgelegt, zusätzliche Risiken für Mutter und Kind  billigend in Kauf genommen.
Wer nicht gleich mit dem Skalpell agieren möchte greift, wie in diesem Artikel schön beschrieben, zu s.g. Hausmitteln um den Geburtsvorgang zu beschleunigen. Scharfes Essen, Treppensteigen- alles kein Problem, wenn man dran glaubt...
Beim Verkehr indes lässt sich in der Tat ein Wehenauslösender Effekt durch die in der Spermienflüssigkeit enthaltenden Prostaglandine nachweisen. Meistens scheitert dieser Versuch aber am Unwillen des Partners, sich derart instrumentalisieren zu lassen.
Vor "Cocktails", beliebt und oft kolportiert, wie z.B. die fatale Kombination aus Fruchtsaft und Rizinusöl oder gar Wodka, muss aber inständigst gewarnt werden. Diese lösen im schlimmsten Fall einen Wehensturm aus. Einmal erlebte ich, wie diese Kombination zum Tod des Neugeborenen führte (die Patientin hatte den Tip mit dem unheilvollen Fruchtsaft Gemisch von einer Freundin bekommen).

Insgesamt müssen wir Gynäkologen uns aber auch an die eigene Nase fassen. Zu wenig klären wir darüber auf, dass der errechnete Entbindungstermin nur ein statistisches Mittel ist. Ab der vollendeten 36. bis zur vollendeten 42. Schwangerschaftswoche reicht die normale Entbindsphase. Erst vorher (drohende Frühgeburtlichkeit) oder nachher (drohende Übertragung) sollte zum Schutz des Kindes eingegriffen werden.
Außerdem sollten wir es tunlichst vermeiden uns von unseren Patientinnen instrumentalisieren zu lassen (frei nach dem Motto: biete ich den Wunschkaiserschnitt oder die Einleitung auf Wunsch nicht an, macht es sowieso ein anderer Kollege).
Im Zweifelsfall sind wir unserer, auch manchmal unbequemen Verantwortung unseren Patientinnen gegenüber und unserem Berufsethos verantwortlich.

http://www.faz.net/aktuell/lebensstil/leib-seele/schwangerschaft-hausmittel-zur-geburtenbeschleunigung-12978486.html

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